
TEIL 1
NACHBARRECHTE IM BAUVERFAHREN
Aber nicht jeder Anwohner im Umkreis des Baugrundstücks hat Parteistellung im Bauverfahren. Dies würde die Länge des Bauverfahrens in einer negativen Weise beeinflussen und wäre nicht im Sinne der Verfahrensökonomie. Die Einschränkung des Nachbarkreises eines Bauverfahrens erfolgt bereits mit der Begriffsdefinition. Im Baurecht existiert kein österreichweit einheitlich definierter Nachbarkreis. Der Nachbarkreis muss somit je nach Bauordnung eigens definiert und eruiert werden.
Der Nachbarbegriff
Im Vorarlberger Baugesetz wird der Nachbar in § 2 Abs 1 lit k als Eigentümer eines fremden Grundstückes definiert, das zu einem Baugrundstück in einem solchen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerks, der geplanten sonstigen Anlage oder deren vorgesehenen Benützung, gegen welche die Bestimmungen des Baugesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist.
Wie in den anderen Bauordnungen, kommt es hinsichtlich der Nachbarstellung in Vorarlberg auf ein gewisses Naheverhältnis zum Baugrundstück an. Dabei kommt es nicht auf eine bestimmte Entfernung des Nachbargrundstückes zum Baugrundstück an. Sondern es ist die Frage zu stellen, ob durch das geplante Bauvorhaben mit Auswirkungen auf dem Nachbargrundstück „zu rechnen sind“. Dabei geht es um jene Auswirkungen, gegen die § 26 Abs 1 lit a bis f Vlbg BauG Nachbarschutz gewährt (dazu siehe weiter unten). Zur Eruierung des Nachbarkreises ist lediglich die Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung ausschlaggebend, ob tatsächlich Auswirkungen vom Baugrundstück ausgehen, ist im baubehördlichen Verfahren zu klären.
Nachbar nur Eigentümer eines fremden Grundstücks
Nachbar kann nur Eigentümer eines fremden Grundstücks sein. Damit ist ein anderes Grundstück als das Baugrundstück gemeint. Wenn ein Bauvorhaben also teilweise auch auf dem Nachbargrundstück ausgeführt werden soll, stellt das Nachbargrundstück selbst ein Teil des Baugrundstückes dar und kann demnach nicht als fremdes Grundstück angesehen werden.
Wer als Eigentümer anzusehen ist, bestimmt sich nach den zivilrechtlichen Bestimmungen. Bestandnehmer (Mieter, Pächter) sind jedenfalls keine Parteien des Bauverfahrens.
Taxative (abschließende) Aufzählung der Nachbarrechte in § 26 Abs 1 Vorarlberger Baugesetz
Zu beachten ist, dass die Subsumtion einer Person unter den Nachbarbegriff nicht zugleich bedeutet, dass dieser Person auch uneingeschränkt Parteistellung im Bauverfahren zukommt. Dem Nachbarn räumt das Baugesetz in § 26 Abs 1 Vlbg BauG sogenannte subjektiv-öffentliche-Rechte ein, welche für die Aufrechterhaltung der Parteistellung rechtzeitig einzuwenden sind. Die Aufzählung der Nachbarrechte ist abschließend, weshalb Einwendungen, die nicht unter Ausübung dieser Rechte erhoben werden, unzulässig sind.
Zu den Nachbarrechten zählen – je nach den Umständen des Einzelfalls – unter anderem:
- Die Einhaltung der Abstandsvorschriften auf der dem jeweiligen Nachbarn zugewandten Seite,
- Der Schutz vor unzumutbaren bzw. ortsunüblichen Immissionen,
- Die Vermeidung einer Gefährdung des Nachbargrundstückes durch die geplante Bebauung.
Unter welchen Voraussetzungen diese und weitere Nachbarrechte im Bauverfahren geltend gemacht werden können, erfahren Sie in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift.
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