
WAS DIE KIM-VERODNUNG HINTERLÄSST
ZWISCHEN STABILITÄT UND STILLSTAND
Die KIM-Verordnung wurde 2022 von der Finanzmarktaufsicht (FMA) eingeführt, nachdem die Österreichische Nationalbank (OeNB) bereits über Jahre hinweg vor zunehmenden Risiken im Bereich der Wohnbaufinanzierung gewarnt hatte. Die zentrale Sorge: Haushalte verschulden sich zu hoch, Banken vergeben Kredite zu locker. Ziel war es, die Vergabe von Immobilienkrediten auf ein gesundes Fundament zu stellen.
Konkret setzte die Verordnung strenge Obergrenzen:
- Max. 90 % Beleihungsauslauf (LTV)
- Max. 40 % Schuldendienstquote (DSTI)
- Max. 35 Jahre Laufzeit
Dazu kamen Ausnahmeregeln – insbesondere ein flexibles Ausnahmekontingent von 20 Prozent pro Quartal. Trotz dieser Spielräume stieß die Regelung auf breite Kritik – insbesondere aus der Praxis.
Wirkung: Stabilisierung, aber auch Verunsicherung
Laut OeNB erfüllte die Verordnung ihren Zweck: Die Qualität der vergebenen Kredite habe sich verbessert, die Verschuldung der Haushalte sei rückläufig, Banken seien solider kapitalisiert. In ihrer Analyse vom November 2024 verweist die OeNB darauf, dass sich insbesondere die Schuldendienstquote (DSTI) deutlich verringert hat – ein zentraler Risikofaktor für Zahlungsausfälle sei damit entschärft worden, heißt es von Seiten der Nationalbank.
Gleichzeitig wird betont, dass das Ausnahmekontingent vielen Haushalten weiterhin Zugang zu Krediten ermöglicht habe. Die oft kolportierte These, die KIM-V habe breite Bevölkerungsschichten vom Eigentum ausgeschlossen, lässt sich zumindest mit den Daten der OeNB nicht in vollem Umfang belegen. Das sieht man in der Bankenwelt wenig überraschend anders: „Die überbordenden Anforderungen der KIM-V haben viele Menschen vom Eigentum ausgeschlossen. Das darf sich nicht wiederholen”, sagt etwa Willibald Cernko, Präsident des Bankenverbandes.
Die Zahlen der Banken sprechen jedenfalls eine eindeutige Sprache: Die Zahl neu vergebener Wohnbaukredite ist seit Einführung der KIM-V massiv eingebrochen – laut FMA im Vergleich zu 2021 um rund 40 Prozent. Für Gerald Gollenz, Fachverbandsobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer (WKÖ), ist der Schuldige schnell identifiziert: „Der Markt ist 2024 stillgestanden – und da war hauptsächlich die KIM-Verordnung schuld.”
Eigentum bleibt ein schwieriges Ziel
Für die Vorarlberger Eigentümervereinigung war die KIM-V daher stets ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist finanzielle Stabilität wichtig – niemandem ist geholfen, wenn Immobilienkredite leichtfertig vergeben werden. Andererseits ist es problematisch, wenn Menschen mit stabilem Einkommen, aber ohne hohem Eigenkapital, kaum mehr Zugang zu Wohneigentum haben.
Auch regionale Besonderheiten wurden in der KIM-V zu wenig berücksichtigt. Die starren Vorgaben ließen zu wenig Raum für unterschiedliche Lösungen. „Die undifferenzierte Drastik der Maßnahme benachteiligte allen voran junge Menschen und verunmöglichte in vielen Fällen die Anschaffung von Eigentum”, machte VEV-Präsident RA Dr. Markus Hagen unlängst deutlich.
Die Politik ist jetzt gefordert
Mit dem Auslaufen der KIM-V endet die Verordnung – aber nicht die Verantwortung. Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in seiner Bewertung betont, dass es sich um ein planmäßiges Auslaufen handelt. Die Banken werden weiterhin angehalten, verantwortungsvoll zu finanzieren – aber ohne gesetzliche Vorgaben.
Was folgt, ist eine Phase der Selbstregulierung. Ob die Kreditinstitute tatsächlich an den bisherigen Standards festhalten, bleibt abzuwarten. Erste Rückmeldungen aus dem Bankensektor lassen vermuten, dass man sich wieder mehr Flexibilität einräumen wird. Gleichzeitig betonen viele Institute, dass sie verantwortungsvoll agieren werden – auch ohne staatlichen Druck. Die Erleichterung, dass die KIM-V Geschichte ist, ist trotzdem groß: „Die KIM-V war ein tiefer Eingriff in die Marktmechanismen. Es ist gut, dass dieser Ausnahmezustand endet“, so Gerhard Starsich, Präsident der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich.
Fazit: Weniger Regulierung – mehr Verantwortung
Letztlich war die KIM-Verordnung gut gemeint – aber schlecht gemacht. Sie hat mit starren Regeln reagiert, wo differenzierte Lösungen gefragt gewesen wären. Der massive Rückgang an Wohnbaukrediten war daher keine Überraschung, sondern eine direkte Folge der Überregulierung. Dass die Verordnung nun mit 30. Juni ausläuft, ist ein richtiger Schritt. Und trotzdem: Die Herausforderungen sind nach wie vor groß. Eigentum ist (zu) teuer, bürokratisch belastet und steuerlich zunehmend unter Druck. Die Politik darf sich nicht auf dem Wegfall der KIM-V ausruhen, sondern muss jetzt aktiv Maßnahmen setzen, um Eigentum wieder leistbarer und zugänglicher zu machen – besonders für jene, die nicht zur vermögenden Oberschicht zählen.
Der Weg zurück zur Eigenverantwortung ist richtig. Doch er funktioniert nur, wenn er von langfristigem Denken, fairen Rahmenbedingungen und politischem Gestaltungswillen begleitet wird. Eigentum darf kein Zufallsprodukt sein – es braucht klare Perspektiven.
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