GEWÄHRLEISTUNGEN UND SCHADENERSATZ IM WOHNUNGSEIGENTUM

Für die meisten Menschen stellt der Kauf einer Wohnung eine der wichtigsten und kostspieligsten Entscheidungen im Leben dar und es besteht eine dementsprechende Verärgerung, wenn die Wohnung oder die Allgemeinflächen der Wohnanlage Baumängel aufweisen. Langwierige Gerichtsstreitigkeiten können die Folge sein.

Text: Mag. Patricia Sutterlüty

Die juristischen Begriffe Gewährleistung und Schadenersatz fallen beim Auftreten von vermeintlichen Baumängeln schnell, noch bevor feststeht, ob ein Baumangel vorliegt, bzw. wie vorgegangen werden sollte, um rasch eine Mangelbehebung zu erreichen.


Definition Baumangel

Von einem Baumangel spricht man, 

  • wenn eine Wohnung/Wohnanlage nicht die vertraglich vereinbarten Eigenschaften aufweist, z.B. im Kaufvertrag für eine Gartenwohnung eine Hecke zur Abgrenzung zwischen privatem Gartenanteil und Allgemeinfläche vorgesehen ist, diese Hecke vom Bauträger aber nicht gesetzt wurde;
  • wenn die gewöhnlichen Eigenschaften einer Wohnung/Wohnanlage nicht vorliegen, also z.B. Feuchtigkeitsschäden aller Art, grobe Risse in Wänden und Böden oder Probleme bei Installationen und Elektrik auftreten.


Anspruch auf Gewährleistung

Jedem Wohnungseigentümer steht bei Vorliegen eines Baumangels ein Anspruch auf Gewährleistung zu, unabhängig davon, ob es sich um einen Baumangel innerhalb der Wohnung oder im Bereich der Allgemeinflächen handelt. Für jeden Wohnungseigentümer besteht die Möglichkeit, seine Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche aus seinem Kaufvertrag an die Eigentümergemeinschaft abzutreten, für die ein etwaiger Prozess(kosten)risiko leichter zu tragen ist als für den jeweiligen Wohnungseigentümer.

Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährleistung sind:

  • Das Vorliegen eines Baumangels;
  • Der Baumangel muss zum Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung/der Wohnanlage bestanden haben;
  • Geltendmachung der Gewährleistung gegenüber dem Bauträger als Vertragspartner der Wohnungseigentümer innerhalb der Gewährleistungsfrist von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung/der Wohnanlage. 


Anspruch auf Schadenersatz

Was tun, wenn ein Mangel zwar zum Übergabezeitpunkt der Wohnung/Wohnanlage bestanden hat, aber erst nach Ablaufen der 3 jährigen Gewährleistungsfrist zu Tage tritt?

Auch für verdeckte Baumängel endet die Gewährleistungsfrist grundsätzlich nach 3 Jahren. In solchen Fällen besteht unter der Voraussetzung, dass den Bauträger am Bestehen des Mangels ein Verschulden trifft, die Möglichkeit, innerhalb von 3 Jahren, ab dem Zeitpunkt, an dem der verdeckte Mangel zu Tage getreten ist, Ansprüche auf Schadenersatz gegenüber dem Bauträger geltend zu machen. Ein solcher Schadenersatzanspruch besteht in den häufigen Fällen, in denen im Rahmen der Gewährleistung der Baumangel behoben worden ist, aber Folgeschäden durch diesen entstanden sind. Ein typisches Beispiel: Aufgrund eines Baumangels im Installationsbereich wurde der neue Parkettboden beschädigt.


Vorgehensweise beim Auftreten von Baumängeln

Baumängel sind ein häufiger Grund für gerichtliche Auseinandersetzungen, die vermieden werden könnten, wenn Folgendes beachtet werden würde:

  • Bei der Wohnungsübergabe einer Neubauwohnung darauf achten, dass zwischen Bauträger und Wohnungseigentümer ein Übergabeprotokoll ausgefüllt wird. Als frischgebackener Wohnungseigentümer sollten Sie aufmerksam sein und erkennbare Mängel in Ihrer Wohnung sofort rügen, fotografieren und ins Protokoll aufnehmen. Es kann hilfreich sein, einen Zeugen zur Wohnungsübergabe mitzunehmen. 
  • Sollte nach dieser Mängelrüge der Baumangel nicht zeitnah behoben werden, sollten Sie eine schriftliche, eingeschriebene, Mängelrüge an den Bauträger richten.
  • Sollte Ihnen der Bauträger im Rahmen der Gewährleistung keine akzeptable Lösung anbieten oder steht er auf dem Standpunkt, es läge kein Baumangel vor, empfehlen wir Ihnen, von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen für Bauwesen ein Gutachten einzuholen. Sollte dieses ergeben, dass ein Baumangel vorliegt, macht es Sinn, noch einmal mit dem Bauträger in Kontakt zu treten, der nun mitunter aufgrund des Gutachtens im Rahmen der Gewährleistung tätig wird.
  • Sollten alle Bemühungen nicht zum Ziel führen, haben Sie selbstverständlich die Möglichkeit, mit Hilfe eines Rechtsanwalts gerichtlich gegen den Bauträger vorzugehen. Bitte beachten Sie dazu die Gewährleistungsfrist von 3 Jahren ab Übergabe der Wohnung.
  • Da die Hausverwaltung für den Allgemeinbereich der Wohnanlage zuständig ist, wenden Sie sich bei Vorliegen von Baumängeln in diesem Bereich an Ihre Hausverwaltung, die verpflichtet ist, Gewährleistungsansprüche im Allgemeinbereich der Wohnanlage beim Bauträger geltend zu machen. 
  • Wo auch immer in der Wohnanlage Baumängel erkennbar sind, dokumentieren Sie Ihre Wahrnehmungen und melden Sie diese im Bereich des Wohnungseigentums so schnell wie möglich dem Bauträger bzw. im Allgemeinbereich der Hausverwaltung, um keine Frist zu versäumen und das Entstehen von Folgeschäden zu verhindern.


Die meisten Bauträger sind bemüht, Mängel rasch und kundenfreundlich zu beheben. Nehmen Sie mit Ihrem Bauträger Kontakt auf. Es wäre schade, sich all die Jahre, die Sie in Ihrem Zuhause verbringen werden, über einen Mangel zu ärgern, der bei entsprechender Kontaktaufnahme mit dem Bauträger anstandslos behoben hätten werden können.

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