EIN JAHR BESTELLERPRINZIP

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Mit dem 1. Juli 2023 trat das Bestellerprinzip in Kraft. Das heißt, wer den Makler beauftragt, der zahlt die Maklerprovision. Beauftragt der Eigentümer den Makler zur Mietersuche, zahlt der Eigentümer. Beauftragt ein Wohnungssuchender den Makler, so zahlt er die Provision. Das Bestellerprinzip sollte eine Erleichterung für Mieter bringen. Gebracht hat es wenig, weder für Mieter noch Vermieter. 


Text: Ursula Fehle

Maklerprovision kommt in diesen Fällen zum Einsatz:


  • Vermittlung von Mietimmobilien
  • zukünftiger Mieter ist Privatperson

Ganz kurz die Eckdaten zusammengefasst: Seit 1. Juli 2023 gilt in Österreich für Mietobjekte, nicht für Kaufimmobilien,  das Bestellerprinzip. Zu Mietimmobilien zählen neben Wohnungen selbstverständlich auch Reihen- oder Einfamilienhäuser, sofern sie eben gemietet oder vermietet werden. Kurzum, alle Immobilien, auch gemietete Zweitwohnsitze, die Wohnzwecken dienen. Sämtliche Kaufobjekte oder Geschäftslokale fallen nicht unter diese neue Regelung. Die Idee der politischen Fürsprecher (Justizministerin Alma Zadic, Grüne, sowie Staatssekretärin für Jugend im Bundeskanzleramt, Claudia Plakolm, ÖVP) war es, mit der Implementierung des Bestellerprinzips den Mietern etwas Gutes zu tun, eine Kostenentlastung für schlechter Gestellte zu bringen. 


Wer zahlt was, wem und wann? 

Wenn der, der bestellt zahlt, ist die Gleichung ja eine einfache. Wäre anzunehmen. Allerdings wird hier mit zweierlei Maß gemessen. Für Mieter (wenn sie Auftraggeber sind) gelten andere Werte bei der Maklerprovision als für Vermieter. Für Mieter gilt deshalb maximal eine Bruttomonatsmiete, wenn der Mietvertrag auf höchstens drei Jahre befristet ist. Bei auf mehr als drei Jahre befristeten oder unbefristeten Mietverträgen zahlt der Mieter maximal zwei Bruttomonatsmieten. Es gibt Zusatzregelungen für die Vermittlung der Untermieten bei einzelnen Räumlichkeiten oder wenn der Makler gleichzeitig auch der Hausverwalter ist, dann darf die Provision auch maximal bei einer Bruttomonatsmiete liegen. Egal, wie man es dreht und wendet, der Mieter zahlt maximal zwei Bruttomonatsmieten.


Für Vermieter gilt eine andere Regel: Maximal drei Bruttomonatsmieten kann der Makler hier verlangen, egal, ob es sich um einen unbefristeten, einen auf oder unter drei Jahre befristeten Vertrag handelt. Der Vermieter zahlt also immer drei Bruttomonatsmieten. Ausgewogenheit durch Unausgewogenheit erreichen zu wollen, hat sich selten als gute Strategie erwiesen. Warum nicht gleiche Provisionshöhen, egal ob Mieter oder Vermieter der Auftraggeber ist? Zudem sind die höheren Provisionen für Vermieter ein triftiger Grund, auf Makler zu verzichten. 


Keine Verbesserungen 

Bereits im Februar 2024 veröffentlichte die Wirtschaftskammer Österreich die erste Marktanalyse nach Einführung des Bestellerprinzips. Auf Gesamtösterreich betrachtet sind die Ergebnisse wenig erfreulich, aber auch wenig überraschend. Denn es ist eingetreten, was auch von Branchenexperten prophezeit wurde. Mieter ersparen sich nichts. Die Situation muss in seiner Gesamtheit betrachtet werden und die Einführung des Bestellerprinzips darf nicht als alleiniger Sündenbock herhalten, dennoch ist ein Zusammenhang von gewissen Entwicklungen und der Einführung des Bestellerprinzips nicht ganz von der Hand zu weisen. So ist ein Rückgang bei den Mietwohnungsanzeigen (österreichweit) um rund 20 Prozent zu verzeichnen. Außerdem sind gewerbliche Anzeigen, also von Maklern, ebenso rückläufig. Das heißt: Es wird generell weniger vermietet, Eigentümer sind nicht bereit die Gebühren zu zahlen und übernehmen die Mietersuche selber, was sowohl für Vermieter als auch Mieter eine komplizierte und nicht ideale Angelegenheit sein kann. Die Situation hat sich somit für beide Seiten – Mieter und Vermieter – verschlechtert. In Vorarlberg sollen die negativen Auswirkungen nicht ganz so stark zu spüren sein wie in Wien. Aber auch leicht negative Auswirkungen bleiben negativ. 


Wer zahlt wie viel Maklerprovision?

Vermieter

  • maximal drei Bruttomonatsmieten (zzgl. USt) für Mietverträge, die unter drei oder auf drei Jahre befristet sind sowie auch bei unbefristeten Mietverträgen.

Mieter

  • maximal zwei Bruttomonatsmieten (zzgl. USt) bei auf drei Jahre befristeten oder unbefristeten Mietverträgen.
  • Bei befristeten Mietverträgen unter drei Jahren maximal eine Bruttomonatsmiete. (zzgl. USt).

Das Hätte-Prinzip

Die Frage darf gestellt werden: Hätte es andere Lösungsansätze gegeben? Ja, hätte es! Es wurde auch versucht, diese Alternativvorschläge durchzubringen und sie wurden auch an die Entscheidungsträger herangetragen. So waren sich schon 2022 (die VEV berichtete) VEV-Präsident RA. Dr Markus Hagen, sowie Bruno Erhart, Immobilienfachberater sREAL Dornbirn und auch Immobilienmakler Reinhard Götze einig, dass zum Beispiel die Teilung der Provisionskosten – eine Bruttomonatsmiete zahlt der Vermieter, eine der Mieter – eine faire Lösung wäre. So hätte auch weiterhin der Dienstleistungsgedanke in beide Richtungen – vom Makler zum Vermieter, vom Makler zum Mieter – seine Berechtigung gehabt. Jeder zahlt gleich viel, jeder bekommt dafür die gleich gute Leistung. 


Negativbeispiele ignoriert 

Österreich ist nicht das erste Land, das dieses Bestellerprinzip eingeführt hat. Man hätte mit einem Blick über den Tellerrand also leicht überprüfen können, ob es ein Erfolgsrezept oder doch eher ein Rohrkrepierer ist. Die Lieblingsnachbarn der Österreicher, die Deutschen, haben diese Regelung 2015 eingeführt.  Auch in anderen europäischen Ländern gibt es das Bestellerprinzip, dort ist es auch und vor allem beim Immobilienkauf- und verkauf von Bedeutung. 

Zurück zu Deutschland. Seit 2015 kann dort also betrachtet werden, welche Wirkkraft das Bestellerprinzip hat. Leider ist diese für das Vorhaben der Kostenerleichterung für Mieter bescheiden. Die Mieten sind gestiegen, viele Makler haben sich neuorientiert und auf das Kauf- und Verkaufsgeschäft von Immobilien ausgerichtet und tatsächlich sind auch weniger Wohnimmobilien am Markt. 


Im besten Fall: Nicht geschadet 

Wer milde ist, würde nach einem Jahr Bestellerprinzip wohl so urteilen, dass es im besten Fall nicht viel geschadet hat, gebracht aber auch nicht. Das Bestellerprinzip ist ein weiteres Mal ein Beispiel dafür, dass gerade hinsichtlich der Vermietung Ergebnisse nicht erzielt werden, wenn der Fokus nur auf die Mieter gerichtet wird. Gute Lösungen müssen immer Vermieter und Mieter berücksichtigen und für beide eine Verbesserung bringen. Doch das ist unpopulär, passt nicht zu den politischen Plattitüden. Der Keil wird gerne zwischen Mieter und Vermieter getrieben – weil es leicht ist. Doch Maßnahmen mit tatsächlich positiver Wirkung müssen für beide funktionieren. 

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