HAFTUNG FÜR SCHÄDEN DURCH UMFALLENDE BÄUME UND HERABFALLENDE ÄSTE


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Unwetter, Sturm und starker Schneefall gehören mitunter zu den Auslösern, die bei einem Baumbesitzer Ängste vor etwaigen Schäden hervorrufen, die umfallende Bäume und herabfallende Äste verursachen können. Zu Recht – denn dem Besitzer wurde in einem solchen Fall bisher die Beweispflicht auferlegt, alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren ergriffen zu haben. Dies führte in der Vergangenheit oft zu sogenannten „Angstschnitten“ oder gar zur Fällung von gesunden Bäumen. Abhilfe soll nun eine eigene Gesetzesbestimmung über die Haftung für Bäume schaffen, welche die Verunsicherung über die haftungsrechtlichen Gegebenheiten minimieren und das Interesse an der Erhaltung einer natürlichen Umwelt berücksichtigen soll.

Text: Mag. Melanie Schöller 

Bisher gab es keine gesonderte Regelung über die Haftung für Schäden, die durch Bäume entstehen. Daher wurde zur Beurteilung solcher Sachverhalte jahrelang die Bestimmung zur Haftung für Schäden, die durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes verursacht werden, herangezogen, wonach der Besitzer eines Bauwerks zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn der Schaden durch die mangelhafte Beschaffenheit des Werkes entstanden ist und er nicht beweisen kann, dass er die zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet hat.

Dieser Ansatz wirft wohl bei Vielen die Frage auf, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Baum, als Gebilde der Natur, keinen Mangel aufweist. Auch die Gleichstellung der Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich eines durch Menschen geschaffenen Bauwerks und eines Baumes in seiner natürlichen Umwelt ist fragwürdig. 

Diesen Einwänden wird nun durch die Schaffung einer eigenen Haftungsbestimmung für Schäden durch Bäume Rechnung getragen.


Die neue Baumhalterhaftung

Ab 1. Mai 2024 gilt:

Wird durch das Umstürzen eines Baumes oder das Herabfallen von Ästen ein Mensch verletzt oder eine Sache beschädigt, wird der Halter des Baumes nur dann schadenersatzpflichtig, wenn der konkrete Schaden durch die Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt bei der Prüfung und Sicherung des Baumes verursacht wurde. Den Beweis dafür muss der Geschädigte erbringen. Nicht davon erfasst sind Bäume im Wald, da das Forstgesetz eigene Haftungsregelungen beinhaltet.

Ebenso wenig werden damit Schadensfälle abgedeckt, die beispielsweise beim Sturz eines Arbeiters, der Baumpflegemaßnahmen durchführt, oder durch Anprall eines stürzenden Schifahrers gegen einen Baum am Rande einer Piste entstehen.


Halter des Baumes

Als „Halter“ des Baumes wird der Eigentümer des Grundstücks angesehen, auf dem sich der Baum befindet. Die Haftung anderer Personen im Zusammenhang mit Bäumen (zum Beispiel eines Baumpflege- oder Baumschnittunternehmen) ist von der Regelung nicht erfasst.


Einhaltung der „erforderlichen Sorgfalt“

Bei der gebotenen Sorgfalt geht es grundsätzlich darum, dass von jedem Baumhalter ein gewisses Maß an Fleiß und Aufmerksamkeit erwartet werden kann, um Gefahren, die von einem Baum ausgehen, zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere Prüfungs- und Sicherungsmaßnahmen. Im Sinne einer Prüfung ist in erster Linie die optische Kontrolle des Baumes vom Boden aus zu verstehen. Die Sicherung eines Baumes kann zum Beispiel durch geeignete Baum- oder Astschnitte oder notwendige Stabilisierungsmaßnahmen erfolgen. Auch eine Absperrung, die das Betreten eines gefährdeten Bereiches verhindern soll, entspricht einer solchen Sicherungsmaßnahme.

Daneben kann aber auch von jedem Einzelnen ein gewisses Maß an Eigenverantwortung erwartet werden, sodass er sich bei erkennbaren Gefährdungssituationen – wie beispielsweise bei Unwetter, Sturm und starkem Schneefall – von Bäumen fernhält. Die erforderliche Sorgfalt erstreckt sich daher nicht auf die Vermeidung von Gefahren in Situationen mit erhöhtem Risiko.

Bei der Beurteilung, ob der Baumhalter die erforderliche Sorgfalt eingehalten hat, wird nun auch auf die individuellen Gegebenheiten – wie insbesondere der Standort, die Größe und der Wuchs sowie der Zustand beziehungsweise das Alter des Baumes – abgestellt. Weiteres wird künftig Bedacht darauf genommen, welche Maßnahmen dem Baumhalter hinsichtlich des damit verbundenen Aufwands zumutbar sind.

Erfreulich ist, dass unter diesem Gesichtspunkt auch das spezielle Interesse an einem möglichst naturbelassenen Zustand eines Baumes (zum Beispiel bei einem Naturdenkmal, in Schutzgebieten oder wegen der besonderen Bedeutung des Baumes für die natürliche Umgebung) angemessen berücksichtigt werden soll und damit auch die Erhaltung der natürlichen Umwelt unterstützt wird.


Beweislast des Geschädigten

Eine erhebliche Entlastung für Baumhalter bringt die neue Gesetzesbestimmung hinsichtlich der Beweislast. Musste der Baumhalter in einem Schadenersatzverfahren bisher den Beweis erbringen, alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren ergriffen zu haben, hat nun der Geschädigte zu beweisen, dass der Baumhalter die gebotene Sorgfalt vernachlässigt hat.


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