2023 war kein leichtes Jahr für das Eigentum. Die KIM-Verordnung hat ihre (negative) Wirkung gezeigt. In Brüssel wurde an Verschärfungen der Energieeffizienzrichtlinien für Gebäude gewerkelt (Haus & Grund berichtete). Die Energiepreise gingen durch die Decke und die Inflation machte der gesamten Bevölkerung zu schaffen. Immobilienbauträger mussten seit langer Zeit erstmal wieder stark auf die Bremse steigen.
Text: Ursula Fehle
Trotz durchwachsener Gesamtsituation ist der Wunsch der Vorarlberger nach Eigentum ungebrochen hoch. Laut Wohnstudie der Sparkasse und SReal Immobilien sehen nach wie vor 77% (Stand Juni 2023) der Vorarlberger ihren Traum im Wohneigentum. Im österreichweiten Vergleich ist dieser Wunsch ganz im Westen am ausgeprägtesten. Dennoch ist die Zahl der neuen Baukredite in Vorarlberg im Vergleich zum Vorjahr um über 50 Prozent gesunken. Der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) sei es „gedankt“. Doch nicht nur die Anschaffung von Eigentum hat sich reduziert. Auch in bereits bestehenden Wohngebäuden ist die Zahl der Sanierungen, sowie der Erhaltungs- und Erneuerungsarbeiten rückläufig beziehungsweise werden Sanierungen auf die lange Bank geschoben. Das heißt: 62% der Eigentümer von Bestandswohngebäuden würden gerne nachhaltiger heizen, 52% würden sich Verbesserungen im Bereich Gebäude und Energieeffizienz wünschen. Konkrete Vorhaben werden trotz des großen Wunsches nur kaum in Angriff genommen. Auch hierzu gibt es klare Zahlen. Nur 13% möchten in den kommenden Jahren eine thermische Sanierung an ihrem Eigentum vornehmen, einen Heizungswechsel streben 23% an. Unterm Strich bleibt 2023 das Ergebnis: Es wird weniger Eigentum angeschafft, es wird weniger gebaut, es wird weniger saniert. So viel zum Status Quo.
Quo vadis KIM-Verordnung?
Die KIM-Verordnung ist im August 2022 in Kraft getreten. Schon im Vorfeld dazu kam große Kritik sowohl aus dem Bankensektor als auch aus der Immobilienbranche. Es wurden Einbrüche bei den Wohnbaukrediten prognostiziert, die ebenso große Auswirkungen auf die Baubranche haben würden. Als Unkenrufe abgetan, trat die Verordnung in Kraft. Die Auswirkungen sind hinlänglich bekannt und wie prognostiziert eingetroffen. Die Politik – auch die Landespolitik – hielt sich anfänglich mit Kritik zurück. Doch gegen Ende des Jahres 2023 ist das Bewusstsein über die Folgen der KIM-Verordnung in der Landespolitik gestiegen und es wurden klare Worte gefunden. Geschlossen fordern Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Landesrat Marco Tittler (ÖVP) eine Anpassung beziehungsweise sogar eine Aussetzung der KIM-Verordnung „im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft“. Denn gepaart mit den aktuellen Zinserhöhungen sei dadurch die Schaffung von Eigentum für viele Bürger nicht nur weiter erschwert, sondern unmöglich geworden. Bei der Finanzreferententagung sämtlicher Bundesländer in Kärnten wurde besonders die Lockerung der KIM-Verordnung für die Finanzierung von Wohnraum für den Eigenbedarf und für den Bereich der Sanierung gefordert. Hier darf 2024 also gehofft werden, dass es zu Lockerungen, Ausnahmen oder auch einem vollkommenen Aussetzen kommt, sofern die politischen Vertreter beharrlich in dieser Forderung bleiben und sich diese nicht als markige, aber leere Aussagen entpuppen.
Mietkauf etablieren
Um die Anschaffung von Eigentum zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen, wurde immer wieder der Versuch unternommen, in Vorarlberg den Mietkauf zu etablieren. 2019 noch unter Landesrat Karlheinz Rüdisser (ÖVP) war dies zum letzten Mal Thema. 2024 soll ein weiterer Versuch unternommen werden. Bei der Präsentation des vom Land Vorarlberg geschnürten Wohnpakets erklärten Landeshauptmann Wallner, Landesrat Tittler sowie Landesrat Zadra (Grüne), wie dieses neue Mietkauf-Modell aussehen könne. Der Begriff Mietkauf ist etwas missverständlich, denn der Fehlglaube ist stark verbreitet, man würde mit den monatlichen Mietzahlungen bereits das gewünschte Wohneigentum finanzieren. Dem ist nicht so. Außerdem ist beim Mietkauf der tatsächliche Kaufpreis nicht festgelegt. Im Grunde ist der Mietkauf einfach nur die Option, die bewohnte Mietimmobilie nach einer gewissen Zeit kaufen zu können. Die Miete ist dabei im Normalfall etwas niedriger. Mit dem neuen Modell, das die Landesvertreter vorstellen, soll aber der zukünftige Kaufpreis bereits festgelegt werden. Dieses Modell ist jedoch nur für den gemeinnützigen Wohnbau gedacht. Ob diese Maßnahme genug ist, um den Mietkauf richtig zu etablieren, muss sich erst beweisen.
Weg mit den Gebühren
Die VEV hat bereits mehrmals die Abschaffung oder zumindest den zeitweiligen Verzicht auf Steuern und Gebühren beim Immobilienkauf gefordert. Ein Leichtes wäre es, auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten. Diese liegt in Österreich bei 3,5% der Bemessungsgrundlage. Bei den Immobilienpreisen in Vorarlberg sind hier enorme Summen in den vergangenen Jahren der ständig steigenden Immobilienpreise in die Staatskassen geflossen. Diese auszusetzen, zumindest bis sich die angespannte finanzielle Situation in der Bevölkerung verbessert hat, wäre ein deutliches Signal des tatsächlichen Optimierungswillens der Entscheidungsträger. Die Forderung der Gerichtsgebühren wurde im Rahmen der Landesfinanzreferentenkonferenz zwar gefordert. Ergebnisse sind bisher ausgeblieben und Steuererleichterungen, die der Bevölkerung Vorteile bringen könnten, werden von den Regierenden meist nicht goutiert. Das heißt also für 2024: Lösungsansätze wären vorhanden. Konkrete Lösungen, die die Anschaffung von Eigentum erleichtern könnten, aber noch nicht.
Sanieren, sanieren, sanieren
Wie eingangs erwähnt, ist der Wunsch nach Sanierungsprojekten bei den Eigentümern groß. Das Sanieren ist von größter Wichtigkeit, denn wer saniert, muss nicht zusätzlichen Boden verbrauchen. Wer saniert, macht sein Eigentum zukunftsfit und klimafreundlicher. Wer saniert, schafft auch, wenn zum Beispiel aus einem Einfamilienhaus ein Mehrfamilienhaus wird, zusätzlichen Wohnraum. Wer saniert, sorgt auch für Arbeit in der Baubranche. Dennoch wird nicht so oft saniert, wie es wünschenswert ist. Damit hier Balance in die Sache kommt, wurden im Wohnpaket zwei Maßnahmen gesetzt. Zum einen soll eine Jung-Familien-Förderung bei umfassender Sanierung und neu erworbener Eigenheime beim erstmaligen Eigentumserwerb errichtet werden. Und: Die Grenzwerte der Sanierungsrichtlinien – Einkommenshöhen und Förderhöhen – sollen angepasst werden. Zum anderen sollen Zu-, Ein- und Umbauten mit stärkeren Anreizen forciert werden. Aber auch Ersatzneubauten sollen über Sanierungsförderungen unterstützt werden. Wird hier die Sanierungsförderung versteckt zur Neubauförderung? Hier gerät das Bild etwas in Schieflage. Als letztes Goodie wird die verkürzte Abschreibungsdauer - von 67 auf 15 Jahre – in den Sanierungsring geworfen. Die VEV fordert dies seit Jahren ein. LR Tittler lehnte diese Vorschläge bisher ab, da die dazu notwendige Gesetzesänderung als zu kompliziert eingeordnet wurde. Nun scheinen die Vorteile (Steuersenkung) erkannt worden zu sein. Hierzu fehlen aber noch die Richtlinien, bisher ist es nur als reines Vorhaben tituliert.
2024
Die Vorhaben für das Eigentum – Schaffung und Erhalt – klingen groß für das kommende Jahr. Bei näherer Betrachtung der Maßnahmen bleibt vorerst der Beigeschmack des bereits Gehabten. Der gute Wille seitens der politischen Vertreter sei unbenommen. Ob Eigentumsanschaffung und Sanierungsarbeiten durch die angestrebten Maßnahmen leistbarer werden, wird sich im kommenden Jahr zeigen. Förderungen, Anreize und dergleichen sind nicht abzulehnen und als Teil der Lösung willkommen. Doch sollte es nicht das Ziel sein, Schaffung und Erhalt von Eigentum auf lange Sicht ohne ständige Stütze durch Land und Staat zu ermöglichen? Und muss die Leerstandsabgabe nun gerade jetzt in Krisenzeiten eingeführt werden? Zumal ihre Wirkung fraglich ist (Haus und Grund berichtete). 2024 bleibt spannend.
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Wilfried Hefel ist ein Urgestein der Wohnbaubranche. Vor 12 Jahren startete er das Projekt RIVA home, das Wohnen und Eigentum gerade für junge Menschen leistbarer macht.