
ERRICHTUNG VON BALKONKRAFTWERKEN IM WOHNUNGSEIGENTUM
Änderungen seit 1. September 2024
Privilegierung im gerichtlichen Genehmigungsverfahren hinsichtlich der Anbringung von PV-Anlagen oder Solarpaneelen zur Versorgung des eigenen Wohnungseigentumsobjekts, wenn nicht bereits eine gemeinsame Anlage in Betrieb ist
Zustimmungsfiktion hinsichtlich der Anbringung steckfertiger Kleinsterzeugungsanlagen (< 0,8 kW) an Balkonen oder Terrassen nach zwei Monaten ab Verständigung der anderen Wohnungseigentümer ohne Widerspruch
Allgemeine Regelungen zur Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts
Änderungen an Wohnungseigentumsobjekten oder deren Zubehör bedürfen der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer, sofern die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Miteigentümer möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die geplante Änderung eine „Außenwirkung“ mit sich bringt. Stimmen der geplanten Änderung eines Wohnungseigentümers nicht alle anderen Miteigentümer aktiv zu, so kann die fehlende Zustimmung in bestimmten Fällen aber auch durch Beschluss des Außerstreitgerichts ersetzt werden.
Die Voraussetzungen dafür sind, dass die geplante Änderung:
- keine Schädigung des Hauses,
- keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer – insbesondere keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses – und
- keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge hat.
Sollen durch den Änderungswunsch auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, so prüft das Gericht überdies, ob die Änderung zusätzlich:
- entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder
- einem wichtigen Interesse des betreffenden Wohnungseigentümers dient.
Sowohl die Verkehrsüblichkeit als auch das wichtige Interesse ist immer im Einzelfall zu beurteilen und kommt dem zuständigen Richter bei der Entscheidung ein gewisser Ermessensspielraum zu.
Erleichterung für die Errichtung von Balkonkraftwerken durch Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)
Seit 01. September 2024 gibt es eine Erleichterung bei der Errichtung von Balkon- und Terrassenkraftwerken in Wohnanlagen in zweierlei Hinsicht.
Zum einen werden im gerichtlichen Verfahren über die ersatzweise Genehmigung der beabsichtigten Maßnahme die beiden Voraussetzungen für die Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts unter Inanspruchnahme allgemeiner Liegenschaftsteile (wie zum Beispiel die Fassade oder das Balkon- bzw. Terrassengeländer) – die Verkehrsübung und das wichtige Interesse des Antragstellers – gesetzlich vermutet und müssen sie daher nicht mehr vom Richter geprüft werden, wenn es um die Anbringung von PV-Anlagen oder Solarpaneelen zur Versorgung der eigenen Wohnung geht und der Anschluss an eine allenfalls bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Die übrigen Voraussetzungen für Änderungen mit „Außenwirkung“ – also keine Schädigung des Hauses, keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen sowie keine Gefahr für die Sicherheit – müssen bei der Beurteilung jedoch weiterhin Beachtung finden.
Zum anderen unterliegt die Anbringung von steckfertigen Kleinsterzeugungsanlagen an Balkonen oder Terrassen nun ebenfalls dem Modell der Zustimmungsfiktion. Das bedeutet, dass die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer nicht mehr aktiv erfolgen muss, sondern dann als erteilt gilt, wenn diese über die Änderung verständigt wurden und innerhalb von zwei Monaten keinen (schriftlichen) Widerspruch erheben. Voraussetzung dafür ist, dass die geplante Maßnahme bereits in der Verständigung klar und verständlich beschrieben wird und die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden.
Von dieser Privilegierung umfasst sind Anlagen mit einer Leistung von weniger als 800 Watt, die an eine bereits vorhandene Steckdose angeschlossen werden können.
Die Neuerungen sollen den Ausbau von Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen erheblich erleichtern und zur Förderung der nachhaltigen Energieversorgung sowie zum Klimaschutz beitragen, während die Interessen aller Wohnungseigentümer ausreichend berücksichtigt werden.