BESCHLÜSSE DER EIGENTÜMERGEMEINSCHAFT

Die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft erfolgt in Form von Beschlüssen, die durch unterschiedliche Mehrheiten zustande kommen und aus verschiedenen Gründen bei Gericht angefochten werden können. Um einen rechtsgültigen Beschluss zu erreichen und eine beschlossene Maßnahme umsetzen zu können, sieht das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) mehrere Wege vor, stellt aber auch zahlreiche Anforderungen!

Text: Dr. Mag. Karin Pascher

Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung

Zur Willensbildung in Eigentümergemeinschaften dient grundsätzlich die Eigentümerversammlung. Hier können die Wohnungseigentümer durch Beschlüsse Entscheidungen über Sanierungsmaßnahmen, Anschaffungen und dgl. treffen. Die Wohnungseigentümer können ihr Äußerungs- und Stimmrecht entweder persönlich oder durch einen Vertreter ausüben. Die zur Beschlussfassung anstehenden Themen müssen jedem Eigentümer mindestens zwei Wochen vor dem Versammlungstermin entsprechend den Vorgaben des WEG schriftlich zur Kenntnis gebracht werden. 

Der Verwalter muss über das Geschehen in der Eigentümerversammlung und damit auch über gefasste Beschlüsse eine Niederschrift (bekannt als Versammlungsprotokoll) aufnehmen, den Wohnungseigentümern schriftlich übermitteln und im Haus/den Häusern aushängen. Mit dem Tag des Aushängens des Protokolls beginnen die verschiedenen Fristen für die Anfechtung der in der Versammlung gefassten Beschlüsse zu laufen.


Beschlussfassung durch Umlaufbeschlüsse

Beschlüsse im Rahmen der Eigentümerversammlung zu fassen, hat den Vorteil, dass die anstehenden Themen hier ausführlich vom Verwalter klargelegt und von den Wohnungseigentümern besprochen und diskutiert werden können. Das WEG stellt zwar fest, dass zur Willensbildung in erster Linie die Eigentümerversammlung dient, weist aber auch darauf hin, dass Beschlüsse auch auf andere Weise, etwa auf schriftlichem Weg zustande kommen können. Es besteht z.B. die Möglichkeit, dass ein Wohnungseigentümer mit einer Unterschriftenliste von Tür zu Tür geht. Auch verschiedene Mischformen sind möglich.

In der Praxis wird vielfach der schriftliche Weg in Form eines Umlaufbeschlusses gewählt. Hier werden die Wohnungseigentümer vom Verwalter oder Wohnungseigentümern schriftlich dazu aufgefordert, über ein anstehendes Thema wie z.B. eine Sanierungsmaßnahme abzustimmen. 

Wichtig ist auch hier, dass den Wohnungseigentümern ausreichend Zeit gegeben wird, sich eine Meinung bilden zu können. Bei einem schriftlichen Umlaufbeschluss kommt der Beschluss erst zustande, wenn allen Miteigentümern die Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde. 

Das Beschlussergebnis ist ebenso wie das Protokoll einer Eigentümerversammlung im Haus/den Häusern auszuhängen sowie den Wohnungseigentümern schriftlich zu übermitteln. 

Beginn der Anfechtungsfrist des Umlaufbeschlusses ist das Datum, an dem das Ergebnis ausgehängt wurde.


Mehrheitsbildung bei Beschlüssen

Damit eine rechtswirksame Mehrheitsbildung bei Beschlüssen vorliegt, müssen im Wesentlichen folgende Erfordernisse erfüllt sein:

  • Es müssen alle Wohnungseigentümer von der beabsichtigten Beschlussfassung verständigt werden.
  • Alle Wohnungseigentümer müssen die Möglichkeit haben, sich an der Meinungsbildung zu beteiligen.
  • Bei Eigentümerpartnerschaften können nur beide Wohnungseigentümer gemeinsam wirksam die Stimme für ihr Wohnungseigentumsobjekt abgeben.
  • Fruchtgenussberechtigte sind anstatt der grundbücherlichen Eigentümer stimmberechtigt.
  • Bei Gesellschaften muss im Auge behalten werden, wer die Gesellschaft rechtswirksam vertreten darf.

Für die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer ist die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, also mind. 50,01%, nötig (Variante 1).

Seit 01. Juli 2022 hat der Gesetzgeber noch eine weitere Möglichkeit der Mehrheitsbildung im WEG vorgesehen. Demnach ist für die Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, ebenfalls nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile berechnet, erforderlich. Hier muss diese Mehrheit zudem mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen (Variante 2).

Die seit Juli dieses Jahres zusätzlich geltende Möglichkeit der Mehrheitsbildung wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um bei Eigentümergemeinschaften, bei denen sich aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht die Mehrheit der Wohnungseigentümer an den Beschlussfassungen beteiligt, trotzdem notwendige Beschlüsse erreichen zu können.

Beide Varianten, die Mehrheit zu berechnen, bestehen gleichwertig nebeneinander.

Wer den Wohnungseigentümern einen Vorschlag für einen Beschluss zur Abstimmung vorlegt, muss nun darauf hinweisen, wie eine Mehrheit berechnet wird und dass eine mehrheitliche Nichtäußerung einen Beschluss nicht verhindert. Es muss also inhaltlich darüber aufgeklärt werden, dass Schweigen eine Beschlussfassung nicht verhindert und nicht als Nein-Stimme zu werten ist. Ein Unterbleiben dieser Belehrung wäre ein Formfehler, der zu einer Aufhebung des Beschlusses führen kann.

Könnte Sie auch interessieren

Die Dienstbarkeit im Überblick
Eine Dienstbarkeit, auch Servitut genannt, verpflichtet den Eigentümer einer Sache etwas zum Vorteil eines Dritten zu dulden oder zu unterlassen. Er hat etwa das Gehen und Fahren über sein Grundstück oder die Benutzung seiner Wohnung zu dulden. Eine Dienstbarkeit könnte ihn aber beispielsweise auch dazu verpflichten, die Ausübung eines bestimmten Gewerbes zu unterlassen.
Lesen

© 2022 Vorarlberger Eigentümervereinigung