DIE RÜCKLAGE

Neuerungen ab Juli 2022


Die Bildung einer Rücklage durch die Wohnungseigentümer wird im Wohnungseigentumsgesetz zwingend angeordnet. Es handelt sich um ein Zwangs-Ansparsystem für in der Zukunft anfallende Aufwendungen auf die Liegenschaft. Es sollen immer genügend Mittel vorhanden sein, um größere Ausgaben abdecken zu können. Mit der Wohnrechtsnovelle 2022 wurden hinsichtlich Rücklage wesentliche Neuerungen beschlossen. Hier der Überblick.

Text: Patricia Sutterlüty

Verwendungszweck

Die Rücklage ist zur Vorsorge für künftige Aufwendungen anzusparen. Aufwendungen stellen nicht nur Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten auf der Liegenschaft dar, sondern sämtliche Bewirtschaftungskosten. Die Verpflichtung zur Zahlung der Rücklage trifft jeden Wohnungseigentümer gleichermaßen. Niemand ist berechtigt zu verlangen, von dieser Pflicht ausgenommen zu werden.


Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft

Bei der Rücklage handelt es sich um ein gebundenes Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft. Es besteht kein quotenmäßiges Miteigentum der Liegenschaftseigentümer an der Rücklage. Der einzelne Wohnungseigentümer kann keine Rückzahlung aus der Rücklage verlangen. Die „anteilige“ Rücklage ist bei Verkauf der Wohnung keinesfalls an den verkaufenden Eigentümer herauszugeben. 


Fruchtbringende Veranlagung der Rücklage

Die Rücklage ist entweder auf einem Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder auf einem Anderkonto für jeden Eigentümer einsehbar fruchtbringend anzulegen. Eine fruchtbringende Verwahrung ist jedenfalls ein Sparkonto oder ein Sparbuch. Eine besser verzinste Anlage, die aber die jederzeitige Verfügbarkeit der Mittel nicht sicherstellt, entspricht nicht dem Gesetz. Eine spekulative Anlage führt gegebenenfalls zur Schadenersatzpflicht des Verwalters.


Festsetzung der Rücklage

Die Festsetzung der Rücklage zählt zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung. Möglichkeiten der Festsetzung:


  • Die Mehrheit der Wohnungseigentümer kann die Höhe der Rücklage durch Beschluss festsetzen. Ein Mehrheitsbeschluss kann als Weisung an den Verwalter gedeutet werden. Den Verwalter trifft eine Hinweispflicht, falls sich die Höhe der Rücklage als nicht angemessen erweist – beispielsweise in Relation zur Vorausschau. Neu: Ein Beschluss, der die Mindestdotierung unterlaufen würde, ist gesetzwidrig.
  • Festsetzung durch den Verwalter. Dies ergibt sich aus der Pflicht des Verwalters, die Interessen der Gemeinschaft zu wahren. Bis zu einem Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft (oder bis zu einer gerichtlichen Entscheidung) entscheidet der Verwalter über die Einhebung der Rücklage. 
  • Festsetzung durch Beschluss des Außerstreitrichters. Die gerichtliche Festsetzung kann von einem oder mehreren Wohnungseigentümern beantragt werden.


Die Höhe der Rücklage – alte Rechtslage

Das Gesetz verlangt die Bildung einer angemessenen Rücklage und bestimmt, dass bei der Festlegung der Höhe auf die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen Bedacht zu nehmen ist. In der vom Verwalter jährlich vorzulegenden Vorausschau sollten die in der näheren Zukunft zu erwartenden Ausgaben festgehalten sein. Die Pflicht des Verwalters zur Vorlage der Vorausschau hat besondere Bedeutung.


Neuerungen ab 1. Juli 2022

Der Gesetzgeber begnügt sich nicht damit eine angemessene, aber zahlenmäßig nicht festgelegte Rücklage zu fordern, sondern legt eine monatliche Mindestdotierung fest. Der gesetzliche Mindestbetrag soll eine dauerhafte Unterdeckung vermeiden. Ausgangsbasis zu Berechnung der Mindestdotierung ist die Gesamtnutzfläche der Wohnanlage. Dafür sind offene Balkone, Terrassen und Zubehörobjekte nicht relevant. Heranzuziehen sind die Nutzflächen von Wohnungen, sonstigen selbständigen Räumlichkeiten und KFZ-Abstellplätze, sofern an diesen Wohnungseigentum begründet wurde (unabhängig davon, ob sich diese in einer Garage oder im Freien befinden). Ab 1. Juli 2022 muss eine monatliche Mindestrücklage von € 0,90 pro Quadratmeter der Gesamtnutzfläche der Liegenschaft gebildet werden. Der Beitrag des einzelnen Miteigentümers richtet sich nach dem auf der Liegenschaft geltenden Aufteilungsschlüssel. Der gesetzliche Mindestbeitrag ist unabdingbar: Beschlüsse oder Vereinbarungen, die das Mindestmaß unterlaufen sind, gesetzwidrig und unbeachtlich.


Ausnahmen Mindestdotierung

Wurde die Liegenschaft erst neu errichtet oder saniert, kann es Abweichungen von der Mindesthöhe der Rücklage geben. Ebenso wenn es sich um eine Einzelhaus- oder Reihenhausanlage handelt und die Wohnungseigentümer die Erhaltungspflicht für allgemeine Teile und die Behebung ernster Schäden vertraglich übernommen haben.


Abrechnung und Herausgabe der Rücklage

Bei Beendigung des Verwaltungsvertrages hat der Verwalter ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen. Der Überschuss ist an den neuen Verwalter oder an die Eigentümergemeinschaft herauszugeben. Anspruch auf Legung hat nur die Gemeinschaft. Der Verwalter ist zur Rechnungslegung über den gesamten Zeitraum seiner Verwaltung verpflichtet, auch wenn er bereits jährliche Abrechnungen gelegt hat. Der Überschuss ist der Betrag, der von den eingezahlten Beträgen nach Abzug der Aufwendungen vorhanden sein muss. Der Anspruch auf Herausgabe der Rücklage ist im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgen und kommt nur nach Beendigung der Verwaltung in Betracht.

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