BEWILLIGUNGSPFLICHTIGE, ANZEIGEPFLICHTIGE UND FREIE BAUVORHABEN

WESENTLICHE UNTERSCHIEDE IM ÜBERBLICK

Das Vorarlberger Baugesetz sieht unterschiedliche Verfahrensarten vor, dem das jeweilige Bauvorhaben nach Umfang zuzuordnen ist. Diese Zuordnung spielt eine wesentliche Rolle, da insbesondere davon die Verfahrensdauer, das Mitspracherecht der Nachbarn und andere Faktoren, wie z.B. die Vorschreibung von Befristungen, Auflagen und Bedingungen, abhängen.

Text: Mag. Elmas Yldiz 

Das Vorarlberger Baugesetz sieht unterschiedliche Verfahrensarten vor, dem das jeweilige Bauvorhaben nach Umfang zuzuordnen ist. Diese Zuordnung spielt eine wesentliche Rolle, da insbesondere davon die Verfahrensdauer, das Mitspracherecht der Nachbarn und andere Faktoren, wie zB die Vorschreibung von Befristungen, Auflagen und Bedingungen, abhängen. 


Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nach § 18 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) sind u.a. die Errichtung und wesentliche Änderung von Gebäuden und bestimmten Bauwerken, Werbeanlagen sowie Bauvorhaben, für die eine Abstandsnachsicht erforderlich ist, bewilligungspflichtig.


Vorverfahren

Im Gegensatz zum Bauanzeigeverfahren sieht das BauG zwei Verfahren vor, die vor Einleitung des Baubewilligungsverfahren eingeleitet werden können bzw. müssen:


  • Baugrundlagenbestimmung: Der Bauwerber kann vor Einleitung des Baubewilligungsverfahrens bei bestimmten bewilligungspflichtigen Bauvorhaben einen Antrag auf Baugrundlagenbestimmung stellen. Dabei legt die Behörde wesentliche Baugrundlagen wie Baulinie, Baugrenze, Höhenlage, Dachform usw. mit Bescheid fest. Ziel ist es, vor der Ausarbeitung eines (kostenintensiven) Bauprojektes verbindliche Grundlagen zu schaffen.
  • Vorprüfung: Bei der Vorprüfung prüft die Behörde, ob dem Bauvorhaben eine Verordnung nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz oder offensichtliche unbehebbare Hindernisse hinsichtlich grundlegender Anforderungen für das Bauvorhaben entgegenstehen.


Baubewilligungsverfahren

Das Baubewilligungsverfahren wird durch schriftlichen Bauantrag eingeleitet. Die Baubehörde hat nach ihrem Ermessen eine mündliche Bauverhandlung mit Augenschein anzuberaumen und die Parteien des Verfahrens und den Planverfasser zu laden. Insofern handelt es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Mehrparteienverfahren. Zweck der mündlichen Verhandlung ist es, das Parteiengehör zu wahren. Dem Nachbarn kommt grundsätzlich Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu.

Wenn alle Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind oder durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen erfüllt werden können, erteilt die Baubehörde die Baubewilligung mit Bescheid. 

Nach Rechtskraft des Baubescheides darf mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen werden und ist grundsätzlich innerhalb von drei Jahren zu vollenden. Die Vollendung des Bauvorhabens muss der Behörde innerhalb von zwei Wochen schriftlich gemeldet werden.


Anzeigepflichtige Bauvorhaben

Bei den anzeigepflichtigen Bauvorhaben gemäß § 19 BauG, wie zum Beispiel der Errichtung kleinerer Nebengebäude (z. B. Geräteschuppen), Bauwerken, die keine Gebäude sind (z. B. Carports, Schwimmbecken, Stützmauern), straßenseitigen Einfriedungen oder Einfriedungen, die das Nachbargrundstück um mehr als 1,80 Meter überragen, sowie dem Abbruch von Gebäuden, Gebäudeteilen und Bauwerken, ist – sofern die gesetzlichen Mindestabstände und Abstandsflächen eingehalten werden – eine schriftliche Bauanzeige bei der Baubehörde einzureichen. 

Der wesentliche Unterschied zum Baubewilligungsverfahren besteht darin, dass das Anzeigeverfahren kein Mehrparteienverfahren ist. Daher entfällt die mündliche Bauverhandlung, da den Nachbarn im Anzeigeverfahren keine Parteistellung zukommt. Davon ausgenommen ist die auf die Frage der Überprüfung der Zulässigkeit des Anzeigeverfahrens beschränkte Parteistellung.

Insofern handelt es sich bei den anzeigepflichtigen Bauvorhaben um solche Bauvorhaben, die aufgrund ihrer Größe und ihrem Umfang keine Nachbarinteressen berühren. Deshalb ist beispielsweise ein Bauvorhaben, bei welchem die gesetzlichen Mindestabstände und Abstandsflächen nicht eingehalten werden, nicht mehr anzeigepflichtig, sondern bewilligungspflichtig.


Anders als beim Baubewilligungsverfahren, wo die Baubewilligung mit Bescheid zu erteilen oder zu versagen ist, gibt es drei Möglichkeiten, wie das Bauanzeigeverfahren abgeschlossen werden kann:

  • Das Bauanzeigeverfahren ist mit sogenanntem Feststellungsbescheid zu erledigen, wenn das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist.
  • Wenn die im BauG vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Bauvorhaben mit schriftlichem Bescheid freizugeben (Freigabebescheid).
  • Das Bauvorhaben ist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen (Untersagungsbescheid) oder gegenüber dem Antragsteller schriftlich mitzuteilen, wenn bzw. dass es die im BauG genannten Voraussetzungen nicht erfüllt.


Unabhängig davon, in welcher Form über die Bauanzeige entschieden wird, muss sie spätestens sechs Wochen nach Vorliegen einer vollständigen Bauanzeige nachweisbar abgefertigt sein. 

Wenn die Baubehörde sechs Wochen nach Einlangen der vollständigen Bauanzeige kein Bescheid oder eine Mitteilung abgefertigt hat, darf mit der Ausführung des Bauvorhabens begonnen werden und das Bauvorhaben ist grundsätzlich innerhalb von drei Jahren zu vollenden. Eine Vollendungsmeldung ist nicht notwendig.


Freie Bauvorhaben

Nach dem BauG sind Bauvorhaben, die weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen, frei. Die in der Praxis wesentlichen freien Bauvorhaben sind insbesondere bloße Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Anbringung von Solar- und Photovoltaikanlagen an bestehenden Bauwerken. 

Auch wenn für die freien Bauvorhaben keine Anträge erforderlich sind, ist zu beachten, dass dennoch die Bestimmungen und technischen Vorschriften des Baugesetzes eingehalten werden müssen.


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