GEPLANTE LEERSTANDSABGABE:

DIE STÄNDIGE BESTRAFUNG DER EIGENTÜMER

Vor rund fünf Jahren wurde die Leerstandstudie veröffentlicht. Die Gründe für Nicht-Vermietung seitens der Wohnungseigentümer wurden dort deutlich herausgearbeitet. Die Studie bietet zudem klare Lösungsansätze für die Aktivierung des Leerstandes. Jahr für Jahr entscheidet sich die Landespolitik, diese zu ignorieren. Nun hat sie sich zudem entschlossen, durch die Adaptierung des Zweitwohnsitzabgabegesetzes eine tatsächliche Leerstandsabgabe – eine Strafsteuer für Eigentümer – einzuführen. Die Entscheidung darüber wird im Herbst fallen. 

Text: Ursula Fehle

Wer nicht vermietet, hat gute Gründe dafür. Die bewusste Entscheidung dafür resultiert bei rund einem Drittel der befragten Eigentümer aus bereits gemachten, schlechten Erfahrungen mit der Vermietung. Vermietung ist ein wirtschaftliches Risiko. Viele Eigentümer gaben in der 2018 veröffentlichten Leerstandstudie zudem das komplexe Mietrecht, den bürokratischen Aufwand, die hohen Kosten und die geringen Ertragsmöglichkeiten als Grund für die Nicht-Vermietung an. In der Studie werden diese Gründe als verhandelbar bezeichnet. Durch eine Anpassung der Rahmenbedingungen würden viele der befragten Eigentümer gerne vermieten (Beispiel: Sicher vermieten). Eine, von der Vorarlberger Eigentümervereinigung seit Jahren geforderte, Novelle des repressiven Mietrechtsgesetzes (MRG), aber auch steuerliche Änderungen, wären genau diese notwendigen Maßnahmen. Die Position der Eigentümer, besonders jene der kleinen Vermieter (nur ein bis drei mögliche Vermietungsobjekte) würde dadurch gestärkt und unterstützt werden. Zudem ging aus der Leerstandstudie hervor, eine Lenkungswirkung (nur 2.000 Wohnungen könnten direkt dem Markt zugeführt werden) in Richtung leistbarer Wohnraum, wäre durch die Aktivierung des Leerstandes nicht gegeben. Zusammengefasst heißt das: Der Landespolitik liegen gute Handlungsoptionen vor. Die Landespolitik weiß um die Unwirksamkeit und kennt die Belastungen der Eigentümer und somit der potenziellen Vermieter. Und dennoch entscheidet sie sich, so wie es aussieht, für eine Leerstandsabgabe, eine weitere steuerliche Belastung für Eigentümer in Zeiten der Inflation. Nichts anderes als eine grundlose Bestrafung von Eigentümern.


Der Teufel steckt im Detail

Die Mängelliste der geplanten Anpassungen des Zweitwohnsitzabgabegesetzes (ZAG) ist lang. Es fängt damit an, dass die Entscheidung über die Einführung einer Verordnung zur Erhebung von Leerstandsabgaben bei den Kommunen selbst liegt. Wenn zum Beispiel Altach auf die Leerstandsabgabe verzichtet, haben die Eigentümer dort Glück – in einer anderen Gemeinde, werden sie zur Kasse gebeten. Nächster Mangel: Als Wohnung sollen laut ZAG Objekte gelten, die im Gebäude- und Wohnungsregister eingetragen sind. Das Wohnungs- und Gebäuderegister ist nicht öffentlich. Das heißt: Eigentümer können selbst nicht einsehen, ob ihr Eigentum gelistet ist. Und: Sie können sich deshalb gegen falsche oder unzulässige Eintragungen im Register nicht zur Wehr setzen. Des Weiteren: Ist ein Objekt einmal im Register als Wohnung eingetragen, gilt es als Wohnung. Auch wenn es zum Beispiel zu Geschäftszwecken als Lager genutzt wird. Wird das Gesetz wie geplant angepasst, gälte dieser Lagerraum zukünftig als leerstehender Wohnraum und dafür müsste, trotz andersweitiger, sinnvoller und vernünftiger Nutzung, die Leerstandsabgabe bezahlt werden. Die geplanten Änderungen sehen eine Ausnahme für solche Objekte, die seit Jahren nicht mehr als Wohnung, sondern anders genutzt werden, nicht vor. Für Wohnungen, die zur Pflege notwendig sind, soll keine Abgabe fällig werden. Auf den ersten Blick, eine gute Ausnahme. Bei naher Betrachtung sticht das Wörtchen „notwendig“ ins Auge. Was bedeutet notwendige Pflege? Das kann bedeuten, dass der betroffene Eigentümer die Notwendigkeit nachweisen muss. Für Pflegebedürftige erscheint das als schikanöse Maßnahme. 

GEPLANTE NOVELLE DES ZWEITWOHNSITZABGABEGESETZES

  • Gesetz über die Erhebung einer Abgabe von Zweitwohnsitzen und Wohnungsleerständen – Sammelgesetz.
  • Für diese Wohnungen würde die Leerstandsabgabe fällig: 
    „Wohnungen im Sinne des § 2 Z. 4 des Bundesgesetzes über das Gebäude- und Wohnungsregister, die in das Gebäude- und Wohnungsregister eingetragen sind und an denen in Summe mehr als 26 Wochen im Kalenderjahr weder eine Meldung als Hauptwohnsitz nach den Daten des Zentralen Melderegisters noch eine Ausnahme im Sinne des Abs. 3 vorliegt.“
  • Höchstsatz für die geplante Leerstandsabgabe: maximal 2.775 Euro pro Jahr und leerstehender Wohnung

Mieter gesucht

Es gibt Eigentümer, die möchten vermieten und finden keine Mieter. Denn die Vorarlberger haben hohe Anforderungen an den Wohnraum. Nicht jede Wohnung, die rechtlich als Wohnung nutzbar wäre, entspricht den Ansprüchen. Somit wäre sie auf dem Mietmarkt nicht vermittelbar. Findet der vermietungswillige Eigentümer keine Mieter, würde laut aktuellem Gesetzesvorschlag die Strafe dennoch fällig werden – nach sechsmonatigem Leerstand. Indirekt käme das einem unwirtschaftlichen Investitionszwang gleich. Eigentümer von imperfekten Wohnungen könnten bei Inkrafttreten der Gesetzesanpassungen dann wählen zwischen Strafabgabe für den Leerstand, oder investieren, um die Immobilie für den Markt entsprechend anzupassen. Wie sich der Eigentümer auch entscheidet: Eine zusätzliche finanzielle, und für viele Eigentümer nicht mehr tragbare Belastung, käme auf sie zu. Das ist eigentümerfeindliche Politik und steht im absoluten Kontrast zur vermeintlichen Linie der Landespolitik, die vorgibt, Eigentum weiterhin möglich machen zu wollen und dies angeblich als wichtig betrachtet.


Essenzielle Ausnahmen fehlen

Andere Bundesländer verfügen bereits über Leerstandsabgaben. Vorarlberg hätte sich an deren Vorgaben orientieren können. Hat sich aber gerade bei den Ausnahmen dagegen entschieden. So fehlen im Vorarlberger-Entwurf Ausnahmen für Wohnungen, die nicht gebrauchstauglich oder nutzbar sind – für die Sanierungsaufwendungen so hoch wären, dass eine Vermietung niemals kostendeckend sein würde. Das sind nur ein paar Beispiele, für die eine Ausnahmeregelung notwendig und richtig wäre. Rund 13 Ausnahmeregelungen, die in anderen Bundesländern gegeben sind, sieht der Vorarlberger Vorschlag als nicht relevant an. Die vermutlich gemachte Gleichung lautet in Vorarlberg wohl: Wer weniger Ausnahmen hat, der nimmt mehr Strafabgaben ein. Ein Schelm, wer Böses denkt? 


Das Fähnchen im Winde

2015 wehrte Landeshauptmann Markus Wallner eine von den Grünen geforderte Leerstandsabgabe, mit „Das kommt sicher nicht!”(siehe Editorial), ab. Doch die Zeiten scheinen sich geändert zu haben. Populistische Maßnahmen mit wenig bis gar keiner Wirkungskraft sind zum politischen Regierungstrend geworden. Hauptsache, das Schlagwort stimmt. Die NEOS scheinen hier noch einen klaren Blick auf die Sache zu haben. Landtagsabgeordneter Garry Thür sieht die geplanten Gesetzesänderungen als „schweren Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum”. Er betont weiters, dass es andere Maßnahmen zur Mobilisierung von Leerständen gäbe, die Eigentümer nicht noch weiter belasten würden. Die SPÖ, allen voran Landtagsabgeordneter Martin Staudinger, glaubt, die Leerstandsabgabe wäre das adäquate Mittel, um die Situation am Wohnungsmarkt zu entspannen und würde ein weiteres Zubetonieren des Landes zugunsten von Investoren Einhalt gebieten. Das Gegenteil wird der Fall sein. Investoren werden die Abgabe mit Leichtigkeit bezahlen. Die Leidtragenden werden wie immer die normalen Eigentümer und auch die Mieter sein. 


Verunmöglichen von Eigentum

„Wohnen muss wieder leistbar werden. Eigentum muss möglich sein“, so tönt es aus den Mündern der politischen Vertreter. Doch sämtliche gesetzte Maßnahmen drücken Eigentum und Leistbarkeit immer weiter weg vom Durchschnittsbürger. Auch diese geplante Gesetzesanpassung, von der man nur hoffen kann, dass sie in dieser Form nicht umgesetzt und beschlossen wird, würde so manchen Eigentümer in den Verkauf der eigenen Immobilie zwingen. Verständnis für dermaßen verantwortungslose Maßnahmen, wenn gute Lösungen  seit  Jahren vorliegen, kann nicht mehr vorhanden sein. Cui bono? 


Die Haus & Grund wird dieses Thema weiterhin verfolgen und sich in den kommenden Ausgaben vertiefend damit auseinandersetzen. Sie möchten mehr über die geplanten Gesetzesänderung erfahren?

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Rechtsanwalt Dr. Markus Hagen ist sei über 20 Jahren Präsident der Vorarlberger Eigentümervereinigung. Mit Sorge blickt er auf das aktuelle Vorhaben der Landespolitik, eine Leerstandsabgabe einzuführen.
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