DER KAMPF FÜR DIE EIGENTÜMER WIRD IMMER NOTWENDIGER
Die Vorarlberger Eigentümervereinigung feiert dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Wie steht es um die Eigentümer in unserem Land?
Hagen: Der Druck auf die Eigentümer nimmt immer mehr zu. Es wird immer mehr von privaten Eigentümer abverlangt. Das beginnt bei der thermischen Sanierung und geht bis zur jetzt geplanten Leerstandsabgabe. Laufend wird ihnen noch mehr aufgebürdet. Entlastung gibt es für sie nicht. Es bräuchte einen Ausgleich auf gesetzlicher Ebene – das Mietrecht müsste angepasst, steuerliche Absetzbarkeiten ebenfalls adaptiert werden. Man kann den Eigentümern nicht immer noch mehr zumuten. Doch die öffentliche Hand agiert so: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.
Das Image des Eigentümers und der Vermieter ist ein schlechtes. Warum ist das so?
Hagen: Bedauerlicherweise denkt die Politik nur in Schwarz und Weiß. Sie hat die kleinen, privaten Eigentümer völlig aus den Augen verloren. Es wird vergessen, dass wir in der ländlichen Gegend in Vorarlberg sehr viele private Eigentümer haben. Diese haben sich mit ehrlich erarbeitetem Geld eine Wohnung oder ein Haus oder eine weitere Liegenschaft angeschafft. Dennoch wird vom Eigentümer und vom Vermieter oft das Bild vom reichen Großgrundbesitzer bemüht, der eh viel zu viel hat. Dem ist aber nicht so. Es wird übersehen, dass Eigentümer eine finanzielle und soziale Verantwortung mittragen. Es wird übersehen, wie wichtig Wohneigentum ist. Die andere Möglichkeit wäre, alles in staatliche Hand zu geben und das will wohl niemand. Ein klares Bekenntnis zum privaten Eigentum und auch ein fairer Umgang damit, ist essenziell. Davon entfernen wir uns immer mehr. Das sehe ich als negative Entwicklung, die von der Politik beschleunigt wird.
Werden kleine, private Eigentümer und Vermieter an den Rand gedrängt?
Hagen: Ja, diesen Weg haben wir leider schon lange eingeschlagen. Es gibt immer mehr Großeigentümer und die kleinen verschwinden. Dass hier nicht dagegen gesteuert wird, ist schlichtweg unverständlich.
In diese Kerbe schlägt auch die drohende Leerstandsabgabe, die mit der geplanten Novelle des Zweitwohnsitzabgabegesetzes, tatsächlich kommen könnte. Warum soll das jetzt kommen, die ÖVP hatte sich vor Jahren davon noch distanziert?
Hagen: Ich befürchte, das ist auf Druck der Gemeinden zustande gekommen. So wie es aussieht, soll es eine Maßnahme zur Gemeindefinanzierung sein. Den Schultern der Eigentümer, die ja schon über diverse Abgaben – Kanalgebühren usw. – belastet sind, wird einfach noch mehr aufgeladen.
Die Kommunen sollten dann die Ausgestaltung und Umsetzung des Gesetzes verantworten. Ist das ein Problem?
Hagen: Natürlich. Es zeigt zum einen: Das Land möchte selbst diese heiße Kartoffel nicht in die Hand nehmen. Zum anderen, kann es dazu führen, dass wir 96 unterschiedliche Regelungen in Vorarlberg haben. Es wird ein Verordnungsdschungel entstehen, in dessen Dickicht sich niemand zurechtfinden wird.
Wie könnte das in der Umsetzung funktionieren?
Hagen: Alle Wohnobjekte, die im Gebäude- und Wohnungsregister gelistet sind, kämen bei Leerstand für eine Leerstandsabgabe infrage. Die Beweispflicht hat das Land dem Eigentümer auferlegt. Er müsste nachweisen, dass es sich um keinen Leerstand handelt. Wenn ihm das nicht gelingt, muss er zahlen. Das ist eine Frechheit. Das heißt: Die Gemeinde lehnt sich zurück, schreibt vor und wenn der Gegenbeweis nicht erbracht werden kann, fällt die Abgabe an. Ich kann mir vorstellen, dass das Melderegister herangezogen wird und es dann einen Abgleich mit dem Gebäude- und Wohnungsregister geben wird.
Warum ist die Novelle aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich?
Hagen: Der Hintergrund dieser Novelle ist: Leerstand vermeiden und die betroffenen Eigentümer zur Vermietung drängen. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einer Entscheidung eines ähnlichen Gesetzes in Wien klar dagegen ausgesprochen. Ein solches Gesetz, darf nicht zur Druckausübung auf den Eigentümer dienen, er darf durch das Gesetz nicht zur Vermietung gezwungen sein. Gleichzeitig ist es das deklarierte Ziel der geplanten Novelle. Die Novelle steht also im absoluten Kontrast zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes.
Die VEV bietet seit Jahren Lösungsansätze an – Anpassung des MRG, Einführung des kleinen Vermieters und ähnliches. Wieso nimmt die Politik diese gangbaren Lösungswege nicht an, sondern entscheidet sich für eine zusätzliche Steuer?
Hagen: Das hängt mit dem negativen Bild der Eigentümer in der öffentlichen Wahrnehmung zusammen. Es ist für die Politik leichter, eine Steuer für die vermeintlich bösen Eigentümer einzuführen. Das ist akzeptierter. Das Bild vom gierigen Eigentümer und dem schützenswerten Mieter ist leider nach wie vor dominant. Die Politik hat nicht den Mut, die Angelegenheit sachlich aufzuarbeiten und dem manifestierten Bild entgegenzutreten.
Unsere Politik agiert eigentümerfeindlich – verdrängt den kleinen Eigentümer.
RA Dr. Markus Hagen
Präsident der Vorarlberger Eigentümervereinigung
In einigen Bundesländern gibt es schon eine Leerstandsabgabe. Dort sind aber deutlich mehr Ausnahmen vermerkt, als in der Vorarlberger Fassung. Warum?
Hagen: Das kann ich nicht beantworten. Das ist mir völlig unverständlich. Wenn die Leerstandabgabe in Vorarlberg unbedingt gewünscht ist, dann sollte man den Blick über den Tellerrand wagen und die notwendigen Ausnahmen der anderen Bundesländer einfach übernehmen. Die Formulierungen sind bereits da. Das Land Vorarlberg rühmt sich, das Land der Eigentümer zu sein. Es ist mir deshalb in keinster Weise verständlich, warum eine der strengsten Leerstandsabgaben eingeführt werden soll. So wie die Novelle jetzt geplant ist, ist sie niederträchtig. Gut ist, dass in der Begutachtungsphase viele Stellungnahmen eingetroffen sind und die Novelle nicht wie geplant noch vor dem Sommer durchgeboxt wurde, sondern erst im Herbst auf den Tisch kommt.
Die maximale Höhe der Leerstandsabgabe kann in Zukunft über 2.500 Euro pro leerstehenden Wohneinheit betragen. Ist das angemessen?
Hagen: Zu hoch. Das können im Monat rund 230 Euro sein, die abzugeben sind. Nehmen wir den Fall her: Ein älterer Herr verfügt über eine leerstehende Einliegerwohnung im eigenen Haus. Sie ist in keinem guten Zustand, entspricht nicht dem Marktstandard und ist somit nicht vermittelbar oder er will schlichtweg keine fremden Menschen in seinem Haus. Was bleibt dem Eigentümer dann übrig? Er kann zwischen Pest und Cholera wählen – Sanieren oder Abgabe zahlen. Aber zahlen muss er immer. In diesem Zusammenhang gäbe es zukünftig nur eine Ausnahme, die denjenigen von der Leerstandabgabe befreit. Nämlich dann, wenn der Zustand der Wohneinheit dermaßen desolat ist, dass das Bewohnen baurechtlich unzulässig ist.
Was zeigt eine solche Novelle auf?
Hagen: Eine Leerstandsabgabe mit einer solchen flotten Handbewegung wie in Vorarlberg einführen zu wollen, zeigt, dass die Entscheidungsträger keine Ahnung von der Vermietung an sich haben. Das Land zwingt normale Bürger in die Vermietung, bürdet ihnen das unternehmerische Risiko auf. Das Gesetz gibt vor und umsetzen müssen es die Eigentümer: Das ist Belastung hoch drei. Der Vermieter zahlt vom Inserat über den Makler zum Elektrocheck bis zu Schäden und Steuern alles.
Gibt es auch etwas Positives an der Novelle?
Hagen: Ja, wer sein leerstehendes Objekt über das von der VEV entwickelte Projekt Sicher Vermieten dem Markt zuführen möchte, muss keine Abgabe zahlen. Durch dieses Projekt sind die Vermieter wenigstens vor Schäden und Mietzinsausfällen gut geschützt.
Was würden Sie sich für die Eigentümer in Vorarlberg wünschen?
Hagen: Ein klares und gesundes Bekenntnis zum privaten Eigentum. Der kleine Eigentümer und der kleine Vermieter sollen entsprechend Wertschätzung erfahren. Das Land soll sich ernsthaft mit dem Thema Wohnbau auseinandersetzen. Es gibt ja auch einen Regierungsbeauftragten dafür.
Obsolet ist die Eigentümervereinigung noch lange nicht, oder?
Hagen: Nein, es wird uns noch lange brauchen. Da die Situation für Eigentümer immer schlimmer wird. Der massive Mitgliederansturm bei uns zeigt, wie die Sorgen der Eigentümer zunehmen.
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