
GENOSSENSCHAFTLICHES WOHNEN - EIN NOVUM IN VORARLBERG
LEBEN AM KOBEL
Manchmal spielen einem negative Umstände in die Hände und bieten eine Chance, die es sonst nicht gegeben hätte. Denn ohne die schwierige Situation in der Vorarlberger Baubranche hätte es für Leben am Kobel keine Möglichkeit des Werdens gegeben. So sieht das auch Projektinitiator Wilfried Flatz. Flatz selbst war Gründungsmitglied bei Neustart Schweiz, NenaV (Neu Nachbarschaften Vorarlberg) und Weiterwohnen – allesamt Vereine, die sich mit der Weiterentwicklung oder mit Alternativen zu den bestehenden Wohnformen beschäftigen. „Bisher war es so, dass Grundstücke über 1000m² direkt von Bauträgern oder Investoren gekauft wurden. Wir hätten dort gar keine Kaufoption bekommen.
Aber die Lage am Markt hat uns hier einen Vorteil verschafft.” Konkret kam es durch den direkten Kontakt mit Domig Immobilien zu dem Projekt. „Hier lag ein fertiges, bewilligtes Projekt vor, das aber nicht verkauft werden konnte. Das Nicht-Verkaufen kostet Geld. Und an diesem Punkt wird das genossenschaftliche Konzept interessant und hier haben Marc Domig und ich das Gespräch begonnen.” Auch auf die Firma Domig hatten die Teuerung beim Bauen, massive Zinsanstiege, die KIM-Verordung und überbordende Vorschriften Auswirkungen.” Jetzt ist es so weit, dass Genossenschaftsmitglieder gesucht werden, damit das Projekt vom genehmigten Plan zur umgesetzten Realität wird. Wilfried Flatz ist dankbar, dass die Firma Domig dem Genossenschaftsmodell so positiv gegenüber steht.
Vorteile des genossenschaftlichen Konzepts
Befürworter des genossenschaftlichen Wohnens nennen als Hauptvorteil die niedrigeren Kosten. So liegt der Prozentsatz des Eigenkapitals zur Finanzierung der einzelnen Wohneinheiten nicht bei 20, sondern bei 10 Prozent. Auch die monatlichen Rückzahlungsraten sind meist niedriger. Zudem gibt es Sonderförderungen, die in Anspruch genommen werden können. Die Basisförderung des Landes Vorarlbergs liegt zwischen 120.000 und 150.000 Euro pro Wohneinheit. Außerdem ist die Genossenschaft vorsteuerabzugsberechtigt, von dem auch die Mitglieder profitieren. Kurz gesagt: Das Wohnen kann leistbarer werden. Die Voraussetzung für den Erwerb einer Genossenschaftswohnung ist die Mitgliedschaft. Die Wohneinheit kann dann auch verkauft, verschenkt oder vererbt werden. Nicht nur Privatpersonen können Mitglieder werden, Unternehmen könnten Genossenschaftsanteile kaufen und somit den Mitarbeitenden zu günstigerem Wohnraum (günstigere Mieten) verhelfen.
Eine Lücke schließen
Die Vorarlberger Baulandschaft ist vielfältig. Dass Skepsis von Seiten der Gemeinden, aber auch von Bauträgern gegenüber eines Bauvorhabens im genossenschaftlichen Kontext gegeben ist, ist nachvollziehbar. Flatz betont hier: „Wir fischen hier nicht in fremden Gewässern, wir schließen eine Lücke. Es gibt eine immer größer werdende Gruppe an Vorarlbergern, für die Wohnraum/Eigentum trotz Erwerbstätigkeit nicht mehr finanzierbar ist. Für jene bieten wir eine Chance.” Auf der Website des Projekts wird deshalb auch gleich deutlich kommuniziert, wer sich bewerben kann bzw. soll und wer für eine Mitgliedschaft nicht in Frage kommt. Als Wunschmitglieder sieht die Genossenschaft den Mittelstand. Es sollen sich auch jene angesprochen fühlen, die sich räumlich vergrößern oder verkleinern möchten. Flatz sieht besonders Senioren als eine Zielgruppe, für die das Projekt interessant sein könnte. Nicht bewerben sollen sich Personen mit Anspruch auf eine gemeinnützige Wohnung (ohne Eigenmittel), Personen, die bereits eine Wohnung oder ein Haus besitzen und keinen Bedarf zur Eigennutzung haben und Anleger oder Investoren mit Gewinnmaximierungsabsicht. Bei den Bewerbungen werden jene bevorzugt, die in Götzis wohnen, arbeiten oder in einem Verein in Götzis aktiv sind. Aber grundsätzlich sei jede Bewerbung willkommen, heißt es.
Privat oder öffentlich?
Genossenschaftliches Wohnen ruft schnell das Bild eines kommunenhaften Lebens hervor. Hier ist es Initiator Flatz wichtig zu betonen: „Privates muss privat bleiben. Jeder kann sich an der Gemeinschaft im richtigen und selbst gewählten Ausmaß beteiligen. Ich sage immer – so viel als notwendig, so wenig als möglich.” Genossenschaft heißt vor allem Mitbestimmung, das soll am Kobel so sein. Es gibt eine große Allgemeinfläche von über 450 Quadratmetern. Über die Nutzung dieser Fläche können die Mitglieder entscheiden. Aber auch andere Aspekte, zum Beispiel, ob die Eigenkapitalquote erhöht werden soll oder, ob die PV-Anlage erweitert werden soll, sind Punkte, über die die Mitglieder entscheiden.
Das Konzept mutet Vorarlberg noch etwas gewöhnungsbedürftig an. Dieses ist auch in Österreich – mit Ausnahme vom Wiener Raum – noch nicht etabliert. Aber wer den Blick zu den Deutschen oder auch Schweizer Nachbarn erweitert, sieht eine Vielzahl an genossenschaftlichen Wohnprojekten. Flatz ergänzt: „Die Skepsis ist groß, wir holen die Leute ab, mit diversen Workshops für (potenzielle) Genossenschaftsmitglieder. Wir sind aber auch schon mit weiteren Bauträgern in Kontakt, die Interesse gezeigt haben.”
Ist Vorarlberg bereit?
Flatz ist sich sicher: Vorarlberg ist bereit für diese andere Art des Eigentumserwerbs. Er ist überzeugt, es braucht nur ein Projekt, das seine Umsetzung findet. Genossenschaftliches Wohnen in Vorarlberg könnte leistbares Wohnen mit gelebter Solidarität zusammenführen und damit auch den Zusammenhalt vor Ort stärken. Gleichzeitig erfordert ein solches Modell Kompromissbereitschaft, gemeinsame Entscheidungsprozesse können zeitaufwändiger sein und den Handlungsspielraum einschränken. Das Gefühl des ‚es-gehört-mir-nicht‘ ist ebenso ein Thema. Dennoch ist Leben am Kobel ein spannendes Projekt, das eine nachhaltige und zukunftsfähigen Wohnkultur mit sich bringen könnte. Genossenschaftliches Wohnen als Allheilmittel für die Wohn- und Eigentumsprobleme der Vorarlberger? Nein! Aber ein wichtiger Baustein.
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