KOLUMNE ÜBER DEN BODENVERBRAUCH IN ÖSTERREICH

GLOBALER TEMPERATURANSTIEG LÄSST NEUE BAUVORSCHRIFTEN ERWARTEN


Die Wetterextreme nehmen zu, Hitzetage werden häufiger, Regenfälle werden intensiver, Asphaltflächen und Häuserfassaden heizen sich auf. Besonders in dicht verbauten Gebieten nimmt der Stress für dieMenschen zu, die Lebensqualität sinkt. Die Landeshauptstadt Graz zeigt auf, was über kurz oder lang auf die Eigentümer in Vorarlberg zukommen wird: verpflichtende Grünflächen zur Verbesserung des Kleinklimas, der Lufthygiene und des Regenwasserabflusses.


Mit dem 20. Juli 2023 ist in Graz die „Grünflächenfaktor Verordnung“ in Kraft getreten. Diese baurechtliche Regelung ist österreichweit einzigartig. Aus meiner Sicht sind in Vorarlberg ähnliche Festlegungen in den nächsten Jahren zu erwarten. Langfristig agierende Immobilieneigentümer und Investoren berücksichtigen den Klimawandel und seine langfristigen Auswirkungen bei ihren Entscheidungen.

Im Wesentlichen legt die Grünflächenfaktor Verordnung fest, dass jedes Bauvorhaben ein bestimmtes Mindestmaß an Grünflächen aufweisen muss, je nach Lage des Grundstückes. Der Grünflächenfaktor ergibt sich aus der Gesamtsumme der einzelnen Vegetationen durch

  • Vegetationsflächen mit unmittelbaren Bodenanschluss
  • Wasserflächen mit oder ohne unmittelbaren Bodenanschluss
  • Dachbegrünungen in Abhängigkeit zur Stärke der Vegetationstragschicht
  • Wege- und Oberflächenbefestigungen gemäß ihrer jeweiligen Sickerfähigkeit
  • Bodengebundene Fassadenbegrünung (d.h. ohne künstliche Bewässerung)
  • Bonus durch Pflege des Baumbestandes oder Neupflanzungen


Das Bauen wird durch den Klimawandel teurer und komplizierter. Dennoch hat die Einführung eines Grünflächenfaktors oder ähnlicher Regelungen auch zahlreiche Vorteile: Bäume, erlebbare Vegetation oder gering versiegelte Wege lassen die Temperaturen deutlich sinken, reinigen und befeuchten die Luft und steigern die Aufenthaltsqualität. Die Pflanzen tragen zur Schaffung einer angenehmen und ansprechenden Atmosphäre bei. Neben der unmittelbaren Kühlleistung von Bäumen ist auch die Beschattung durch Blätter und Baumkrone bedeutsam.

Zusätzlich wirkt sich eine intensive Dachbegrünung positiv auf die Lebensdauer der Dachabdichtung aus, da diese vor UV-Strahlung, Temperaturspitzen und Hagelschlag geschützt wird. Auch senkt eine Erhöhung des Grünflächenfaktors die Erfordernisse für die Regenwasserrückhaltung. Darüber hinaus wird mit jeder Pflanze auch ein Beitrag zum Erhalt der Biodiversität geleistet.

In der Schweiz und in Deutschland geht die fachliche Diskussion in eine ähnliche Richtung. Ich habe im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit an einer ähnlichen Verordnung für eine Vorarlberger Gemeinde gearbeitet, sie wurde aufgrund der scheinbar fehlenden Notwendigkeit für ländliche Strukturen vorerst verworfen. Langfristig agierenden Immobilieneigentümern ist die Notwendigkeit der Anpassung an den Klimawandel gleich bewusst wie die zunehmende Versiegelung unserer Gemeinden.

DI Mag. Markus Berchtold Ph.D.


VEV-Vorstandsmitglied, Inhaber von heimaten® – Ingenieurbüro für Raumplanung, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Raumplanung und Dorferneuerung.


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